Treffen des Kölner Uhrenkreises am 12. März 2016 mit Vorträgen von Dr. D. Oberschulte-Beckmann und Hilger Bitter zur Entwicklung des Deutschen Einheitschronometers

Dr. Dietrich Oberschulte – Beckmann.

Klärung der Begriffe:
Das deutsche Einheitschronometer ist ein Chronometer für Luftwaffe oder Marine von Wempe, Lange & Söhne bzw. Poljot.

Aus dem Internetauftritt der GUB bzw. Nachfolger (von 2016): Ein Chronometer ist eine Präzisionsuhr, die in verschiedenen Positionen und bei unterschiedlichen Temperaturen reguliert wurde, und von einer neutralen amtlichen Stelle ein offizielles Zertifikat über die durchgeführte Chronometerprüfung erhalten hat.

In der Bezeichnungs- und Prüfvorschrift RAL 670 A (ASIN: B0000BGI7V) werden Marine-Chronometer wie folgt definiert: „Ein Schiffs-Chronometer ist ein kardanisch aufgehängter tragbarer Zeitmesser von hierfür üblicher Größe, der mit Chronometer-hemmung oder freier Ankerhemmung ausgerüstet, und bei vorgeschriebenen Temperaturen auf höchste Gangleistung feingestellt ist. Die Dauer einer Vollschwingung der Unruh hat 0,5 Sekunden zu betragen. Die Laufzeit soll mindestens 56 Stunden sein“.

Handschriftliche Aufzeichnungen von H.P. Thielemann im November 1935. Auftrag: Es soll ein Ankerchronometer gebaut werden und nach 2 Gesichtspunkten angelegt werden. Bedingungen: Durch entsprechende Anlagen soll ermöglicht werden:

1. Für normale Sekunde und Zeitangabe wie

2. Für Gradbogensekunde aus der Mitte möglichst viel gleiche Struktur, gleiche Anlage zu schaffen. (fw. 1 u. 2 kombiniert.) Es soll ferner das vorhandene Laufwerk verwendet werden. Jedoch fällt die Schnecke fort; das Federhaus wird dafür mit Zähnen versehen; es erhält Stellung. Das Chronometer soll Auf- und Abwerk erhalten. Außerdem ist Zeigerstellung vorgesehen.

Die Anzahl von Marinechronometern 80 St. im Doppelkasten ist so hoch, daß die übrigen Kunden der Fabriken zurückgestellt werden müssten. Dazu gehören auch 750 Doppelstopper, ferner 1150 Armbanduhren mit Stoppeinrichtung und Leuchtzifferblatt, 150 St. Deckuhren usw. Bezüglich der Mc´s sind die Verhandlungen sehr schleppend, vermutlich weil Russland inzwischen eine Einigung mit der Schweizer Firma Ulysse- Nardin getroffen hatte und 1940 die Nachbauerlaubnisse für Stoppuhren und MCs erhalten hatte. In den Jahren 1940 – 43 stieg der Bedarf so enorm an (z.B. 600 Marine-C und 180 Chronometer für die Luftwaffe), dass logischerweise die Planungen nicht erfüllt werden konnten. Durch den Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 änderte sich die Lage völlig.

Das Einheitschronometer BC100
Bis 1942 konnten die Chronometerhersteller ihre Rohwerke in Deutschland kaufen, wo sie wollten. Ab 1943 wurde staatlich verfügt (durch OKW und RLM), daß zur Verbilligung und Normierung nur noch Rohwerke bei Fa Wempe, Chronometerwerke Hamburg, bezogen werden konnten. Das galt auch für Fa. Lange & Söhne.

  • chronometer-von-cww
  • chronometer-von-cww-werk
Chronometer von CWW, Nr. 2465. Rechts das Werk.

Die Serienfertigung begann mit Seriennummer 5001 und lief bis 5620 im Jahre 1945. Nach dem Krieg wurden die Nr. 5621 bis 5870 seit 1947 produziert und teilweise nach Rußland exportiert. (Reparationsleistungen).

Beschreibung des MC: Holzkasten aus Eiche mit geschliffener Glasscheibe ohne Deckel, Tragegriffe z.T. aus Holz, kardanische Aufhängung für die Kapsel, erst aus Messing, danach aus Bakelit. Ab 5100 beschwerende Grundplatte zum Gewichtsausgleich. Ab Nr. 5091 Vergoldung der Laufwerkräder und der Schneckenräder. Ab 5201 Änderung der Gegengesperrfeder durch L. & S. Ab Nr. 5111 wurde das Gewicht der Unruhe verringert (Höhe nur noch 3,8 mm). Ersatz der Kette durch ein flaches Stahlband (Wunsch? OKW) später Bänder aus Kupfer – Beryllium, schließlich aus Nivaflex.

Notchronometer207596–B
Kriegsbedingte Erfordernisse, Hamburg konnte nicht genug Gestelle liefern, führen zum Einbau der ausreichenden Bestände von Kaliber 48. Anpassung der Federstandanzeige und der Sekundenanzeige an Zifferblatt- und Kastengrößen, der Aufzugswelle mit Krone und Anpassung der Zeigerstellung bei 5 Uhr. Das Taschenuhrwerk befindet sich exzentrisch unter dem Zifferblatt.

Torpedoboot – Chronometer

  • Sg. kleines Format (Erstkonstruktion 1911)
  • Zifferblattdurchmesser 65 mm
  • Kastengröße 134 x 130 x 130 mm
  • Verzahntes Federhaus, Gangreserve 54 Stunden
  • Kardanische Aufhängung
  • Federchronometer, Nickel -Stahl – Unruhe, zylindr. Stahlfeder m. Kurven
  • Kleine Serien: Nr. 201-205; 158- 160; 198 – 200; 501 – 510; 526 – 535 von Stübner s. S. 342 bei R. Meis

1944 neue Konstruktion mit Zifferblattdurchmesser von 65 mm unter Verwendung des B – Uhrkalibers 48T.

Sonderkonstruktionen an MC´s bei Lange & Söhne

  • Antimagnetische Spiralen aus Palladium
  • Sekunden oder Halbsekundenkontakte
  • Kontaktrad auf dem Sekundentrieb
  • E – Kontakte, Zukauf von Fa Siebert in Hanau
  • Schnellschwinger?
  • Bunaring?
  • Metallersatz für Schwebering und Kapsel Bakelit

Wer sind die Mitspieler bei der Entstehung einer neuen Uhr?

  1. Stadtverwaltung in Glashütte
  2. Schiffsbauer
  3. OBERKKOMMANDO WEHRMACHT
  4. LUFTWAFFE
  5. Chronometerbauer, Uhrmacher
  6. Politiker im In- und Ausland

Chronometer-Werke G.m.b.H.
Gründung 1905 durch Hamburger und Bremer Reeder und Ferdinand Denker. Ziele: Reparaturen und Fabrikation von MC und Schiffsuhren auf maschinellem Wege. Etwa 200 MC pro Jahr sollten hergestellt werden, was trotz Zuwendung weiterer Geldmittel nicht gelungen ist. 1908 Übernahme der Leitung durch William Meier*, Unterstützung durch Alfried Helwig von März 1908 bis August 1909. Zukauf von Nickelstahl – Unruhen der Fa. Grießbach in Glashütte. Wenige Erfolge bei den Chronometerprüfungen wegen mangelhafter Temperatur – Regulierung. Starker Widerstand von der Konkurrenz.

Weitere Wechsel in der Leitung, 1927 bis 1937 Charles Heinrich Möller, danach Friedrich Leutert von 1941 bis 1943, war Meisterschüler von Möller und Helwig, (L. war Erbauer des bekannten Schülertourbilions mit 2 Federhäusern an der Uhrmacherschule Glashütte). Leutert hat in der kurzen Zeit die Entwicklung und die fabrikmässige Fertigung der MC stark gefördert, war aber den Betriebsintrigen u.a. von Dr. Witthoft und den Einmischungen von außen (OKM, RLM, Ministerium Speer etc.) nicht gewachsen und schied aus. Nachfolger John Schwarzer & Herbert Müller.

*(Unter der Leitung von Meier wurde die französische Bauart mit Sektoranzeige für den Federstand bevorzugt, dafür waren aber 3 Platinen erforderlich.)

Übergang zum Einheitschronometer

  • Unabhängigkeit vom Ausland
  • Mahagonikasten ist überflüssige Qualität
  • Unruhanfertigung aus Nickelstahl nach Guillaume
  • Stahlgangrad und –Stahlanker
  • Normung der Bauteile, Evolventenverzahnung?
  • Diskussionen der Vor- und Nachteile der Ankerchronometer mit ( Wartung, Schockwellen, Tauchfestigkeiten, Kosten, Mehraufwand an Arbeit und Zeit etc.)

Was ist ein Rohwerk?
Definition der Seewarte: Rohwerke sind nicht vollendete Chronometer, jedoch ohne Zugfeder, Spirale, Gangrad & Gangfeder, Kasten, Kardanik. Keine Elektrokontakte, kein externes Zeigerstellsystem & keine Unruhhaltevorrichtung.

Definition P. Stübner: 1. Schnecke, Federhaus, Laufwerk, Zeigerwerk, Auf- und Abwerk fertig justiert, langer Sekundenzapfen in Saphirsteinen gelagert, Triebe blauhart hochglanz poliert, Unruhbrücke mit gepasster großer Diamantdecke, Zeigergoldgarnitur, fertig gepasst in das bis zum Schleifen und Lackieren fertige Messinggehäuse mit cardanischer Aufhängung.

Laut Rechnung L.&.S. vom 10.04.1945: Chronometerrohwerk Kal. 05. Das R. besteht aus Einzelteilen lt. anliegender Liste vom 3.6.45. Rohwerk: komplett im Gehäuse, mit Feststeller, Aufzugschlüssel und Kastenschrauben mit Muttern. Das Gestell enthält Laufwerksteile, Federhaus, Schnecke, Gegengesperr und Zeigerwerk fertig montiert, Platinen und Kloben sind sauber gesenkt und geschliffen, Zifferblatt gebohrt und zentriert, jedoch nicht aufgesetzt. Alle übrigen Teile lt. Stückliste lose beigefügt, mit Zugfedern, mit Unruh und Massen. Stückpreis 490 RM zuzügl. Chronometer-Unruhen RM 58,10 (S. Altmeppen S.57).

Definition P. Stübner: 2. Chronometer- Rohwerkewie unter Pos 1 besagt, jedoch alle‚ Teile sauber vollendet und Räder vergoldet, mit eingebautem Gang, deutsche Nickelstahlunruhe, Gangfeder, Gangrad, Kette, Unruhwelle justiert, Gehäuse geschliffen und gelb lackiert, Zifferblatt versilbert, ohne Unruhspirale (Siehe auch Liste über Rohwerkpreise, Altmeppen S. 57).

Weitere Herstellerfirmen für Einheits-C’s
CWW = Chronometerwerke Wempe; L&S = Lange & Söhne; Nautische Werkstätten Kreuziger & Leutert; Hanseatische Werkstätten Friedrichs & Co.; Tietz, Kiel; Cordes, Kiel; Happe, Kiel; Schrumm, Rendsburg

Zukäufe
Hemmung, Kasten außen (für den Transport, innen (dauernd für Benutzung an Bord), Gangfeder?, Lagersteine, Aufzugfedern, Gläser, Schrauben, Spiralfedern?, Gangpartie, Zifferblätter, Schlüssel, Gehäuseteile?

Wer hat was an wen geliefert?

  • Zifferblätter von Heidenhein in Berlin
  • Gehäuse und Kardan von Lüttgens, Velbert
  • Zeiger von CWW und ALS, = eigene Produkte
  • Ketten und IFU* Stahlbänder und Gangräder von ALS und CWW
  • Triebe von Reichel, IFU*-Vollendung , Bunse
  • Holztragegriffe?
  • Unruhen von Grießbach (Stahl v. Häräus, Hanau) und für CWW, auch aus der Schweiz
  • Gestelle von CWW für ALS und an Hilfsbetriebe

*Institut für Uhrentechnik

Arbeitsausschuß Seechronometer und B–Uhren am 26.Okt.1942:
GANGFEDERHERSTELLUNG soll ausser Haus gehen. Die Bestellung eines Automaten in Besancon wurde abgelehnt. Federrohlinge gefräst und gebohrt können nur Wempe und Lange herstellen. Diese werden zur Vollendung an eine Firma ausserhalb gegeben. Schleifen und Polieren nur bei L. und W. möglich. Welche Firmen schliesslich die Herstellung besorgen bleibt nach dem Protokoll offen. (Siehe auch Zeichnungen Altmeppen Seite 59).

Kriegsproduktion 1943
Die Operation Gomorrha hat zwar die Großstadt Hamburg in Schutt und Asche gelegt, an der C.-Produktion hat es keine Änderung gegeben. Zwar sind die Produktionsstellen in der Innenstadt und alle Geschäfte verloren gegangen, die in den Vororten gelegenen Ateliers blieben erhalten. Zugeständnisse waren aber bei Vergoldung erforderlich. Im Armbanduhrenbau mussten Schaltfedern durch Drahtfedern ersetzt werden. Messing wird durch Holzgriffe, Cardanringe und Werkgehäuse lassen sich durch Aluminium oder Kunststoff Bakelit ersetzen. Mahagoni wird durch Deutsche Eiche ersetzt.

1945 3-Pfeilerwerke Gesamtleistung
Quelle Altmeppen

  • Lieferbeginn CWW ~ 23.April 1942 Nr. 2817
  • CWW gesamt 2800 – 4822 = 2023 Stk. am 12.4.1945
  • 671/a
  • Produktionsende 2004 mit Nr. 9430 (S. 114)
    Nach Kriegsende werden noch 4457 Stück hergestellt.
  • Lange Lieferbeginn 28.Febr. 1943 Nr. 5008
    Gesamtleistung Lange Nr. 5001 – 5870 (bis 1947)= 869
  • 35 ohne Beleg = 834 Stück
  • Keine Belege für Nr. 5035-5040, 5336-5240 und 5621-5630
  • Beide Firmen produzierten somit 2857 3-Pfeilerwerke

Neue Erfindung? / neuartige Modifikation ?

  • Federchronometer Neu-Konstruktion
  • Ankerchronometer Neu-Konstruktion
  • Holzgehäuse Eiche versus Mahagoni
  • Unruhhaltevorrichtung, 2 verschiedene Konstruktionen NEU? Patentschrift vom 12.05.1943, John Schwarzer als Erfinder benannt.
  • Zeigerstellung extern mit langem Schlüssel Neu ?
  • Materialveränderungen Messing/ Holz/ Alu/ Buna/ Neu im Uhrenbau ?
  • Dreipfeilerwerk für Serienproduktion mit austauschbaren Teilen Neu
  • Sekundenkontakt für Minute oder Sekunden
  • Elinvar – Unruhe (Schweiz) + Grießbach – Heräus = Deutscher Nickelstahl oder französischer Nickelstahl
  • BUNA (Patent 1927), I.G.-Farben , Leverkusen, uA Werk in Marl gebaut 1938, Hibernia hat 27 % Anteil; Butadien und Natrium; Synonym= Pressstoff NEU
  • Stahlbänder statt Ketten NEU
  • Verzahntes Federhaus

Hamburger Nachkriegsproduktion: keine belastbaren Zahlen, Restmaterial wird verarbeitet bei CCW und Friedrichs &Co sowie Plath, bei CCW bestimmt ein Treuhänder aus GB. Siehe Lux und Petersen, KU 2006 : Die Chronometerwerke in Wellingsbüttel waren noch arbeitsfähig, Werkstätten werden an die Reeperbahn verlegt, Bau von MC´s, Schiffsuhren und Reparaturen. Importe von Material aus der Schweiz und Süddeutschland.

1962 – 1967 Bau von Batteriechronometern No. 7361-7380 und 9021-9101, ca. 100 Stück. Ab 1969 Quarzchronometer Nr. 12001 und so weiter. 1980 – 2004 nur 80 Stück mechan. MC´s 2004 Produktionsende mit Nr. 9430. 1977-1979 kein Bau von mechanischen MC´s

Nachkriegsproduktion
Die Fa CWW hat nach dem Kriege die beachtliche Zahl von 4000 Stück verkauft, alles mit der erfolgreichen Konstruktion mit 3 Pfeilern. Für wohlhabende Fans hat die Fa auch heute noch etwas zu verkaufen. Auch die Fa. Lange & Söhne nahm die Fabrikation wieder auf, allerdings kehrte man nach Aufbrauchen der Restbestände umgehend wieder zur 4 – Pfeilerkonstruktion zurück. Die Nummerierung wurde nach Nr. 830 entsprechend fortgesetzt.

Das russische Einheitswerk
Ca. 1939 waren die Russischen Militärs in Verhandlungen mit Schweizer Diplomaten und den Vertretern der Firma Ulysse Nardin. Es ging um Lizenzen zum Nachbau der B- Uhren und des Marine Chronometers, was auch erfolgreich war. Nach Kriegsende war Russland an Beschlagnahme der Zeichnungen von Maschinen und von Produktionsmaterial in und aus Deutschland von jeder Art interessiert. Glashütte wurde ausgeraubt. Das Einheitswerk in Moskau war eine Kopie des Deutschen Einheitschronometers. Allerdings erwies sich der Nachbau der feinen Chonometerfeder und des Hemmrads als schwierig und musste abgeändert werden. Auch die Unruh erreichte nicht die gewünschte Genauigkeit. Die beachtliche Zahl an Werken entsprach nicht der erwarteten Qualität, besonders in der Temperaturregelung. Das Buch von Altmeppen & Dittrich hat in seinem letzten Kapitel Angaben über Fälschungen gemacht.

Doppelchronometer
Seltene Fundsache in Sammlerkreisen, hier Nr. 419 und 420 von KIROVA in einem Holzkasten mit Elektrosignalausstattung für verschiedene Zeitzonen z.B. für Greenwich- oder Sternzeit und MEZ benutzbar. Von der VEB -Produktion weiß man, daß von 35 Stück Doppelchronometer 25 zu Schiffchronometern „zurückgebaut“ wurden.

Das hier gezeigte Sammlerstück stammt laut Begleitpapier aus dem Jahre 1947 und wurde gesondert für das Schiff „Bergmann von Stadt Doniezk“ bei Kirov bestellt.

Zusammenfassung
Bedingt durch den 2. Weltkrieg 1939-1945 wird die Herstellung von Marinechronometern in Deutschland erforderlich. Die Wehrmacht benötigt mehr als 1000 Marinechronometer pro Jahr. Dies erfordert einen Einheitschronometer mit austauschbaren Einzelteilen und die Konzentration der Produktion auf 2 Firmen. Der Vortrag schildert einleitend die vorhandenen Erfahrungen im Uhrenbau und die neuen
Anforderungen sowie die Verwirklichung von Ideen und Möglichkeiten während des Krieges anhand von Akten, Zeichnungen und Belegstücken aus Sammlungen und Publikationen. Die Planungen und Zeichnungen gingen von Wempe in Hamburg aus, wo auch die Gestelle hergestellt wurden. Die Räder und Triebe wurden in Glashütte hergestellt.

  • doppelchronometer-der-fa-kirov-nr-419-und-420-mit-normal-und-sternenzeit
  • doppelchronometer-der-fa-kirov-nr-419-und-420-mit-normal-und-sternenzeit-werk-nr-420
Doppelchronometer der Fa. Kirov, Nr. 419 und 420 mit Normal- und Sternenzeit. Rechts Werk Nr. 420.
  • Das klassische Lange Chronometer (MC100), Nr. 822.
  • Das klassische Lange Chronometer (MC100), Nr. 822, Werk.
Das klassische Lange Chronometer (MC100), Nr. 822. Rechts das Werk .

… und hier die Fortsetzung des Vortrages von Hilger Bitter

Das klassische Lange Chronometer (MC 100) mit Federhemmung, Schnecke/Kette und Zifferblattdurchmesser 100 mm wurde bis Anfang 1943 gebaut und endete mit der Nr. 830; also 830 Stück wurden in etwa von der Jahrhundertwende bis zu diesem Zeitpunkt produziert. Der Chronometerpreis betrug 1939 1080,- RM. Das folgende Bild zeigt die Nr. 822 – eines der letzten Normalchronometer; es wurde am 28.02.1943 an die Kriegsmarinwerft in Kiel geliefert. Dann kam das Einheitschronometer (BC100).

Mein Vorredner hat ausführlich dargelegt, dass das Ziel die Normung im Chronometerbau war, um auf diese Art und Weise die Instrumente zu verbilligen und um vor allem größere Stückzahlen produzieren zu können. Das Lange BC 100 hat einen zweiteiligen Holzkasten mit geschliffener Glasscheibe ohne Deckel. Darin befand sich wie gewohnt eine kardanische Aufhängung für das Gehäuse; beide waren entweder aus Messing oder schwarzem Bakelit. Schneckenräder, Platinen und Laufwerksräder waren vergoldet. Die Platinen tragen den Lange Stempel. Auffällt das Kunststoffzifferblatt und das Dreipfeilerwerk. Das BC 100 hat Federhemmung sowie Antrieb über Schnecke und Zugband. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: das Lange BC 100 mit der Nr. 5248, reguliert von Paul Thielemann, wurde am 29.06.1944 an die Deutsche Seewarte (Kriegsmarine), Zweigstelle Gesundbrunnen, zum Preis von 970,- RM ausgeliefert, hat einen schönen Messingtopf und statt Stahlband die traditionelle Kette. Otto Thielemann (Sohn von Paul und ebenfalls Regleur) schreibt in der Zeitschrift „Uhren und Schmuck“ von 1980, dass die Bakelit-Gehäuse die Haltbarkeit des Schmieröls beeinträchtigten und nur durch eine Innenlackierung die Ausdünstung gedämpft werden konnte.

Die Serienfertigung des Einheitschronometers begann bei Lange mit der Nr. 5001 und endete im November 1947 mit der Nr. 5870; d.h. in gut 4 Jahren wurden 870 Instrumente produziert. Danach wurde bei Lange wieder das Normalchronometer MC 100 beginnend mit der Nr. 831 hergestellt. Damit ist die Bauphase 1947 erklärt, und ich wende mich jetzt dem Jahr 1935 zu.

  • Das Lange Chronometer (BC100), Nr. 5248.
  • Das Lange Chronometer (BC100), Nr. 5248, Werk.
Das Lange Chronometer (BC100), Nr. 5248. Rechts das Werk.
  • Das Lange Ankerchronometer (BC100), Nr. 1132.
  • Das Lange Ankerchronometer (BC100), Nr. 1132, Werk.
Das Lange Ankerchronometer (BC100), Nr. 1132. Rechts das Werk.

Das Ankerchronometer (BC 300) wurde bei Lange im Jahre 1935 entwickelt und ab 1936 parallel zum Normalchronometer produziert. Die Produktion lief bis Ende 1942. Das Ankerchronometer kostete 1939 1040,–RM. Das Ankerchronometer mit Ankerraddurchmesser 18 mm, Beryllium-Bronze-Anker mit sichtbar eingesetzten Rubin-Paletten und Nickelstahlunruh wurde mit den Nr. 1001 bis 1430 belegt; also 430 Stück.

Das BC 300 verfügt über einen 2-teiligen Mahagonikasten, über ein grainiert-vergoldetes Vierpfeilerwerk mit Antrieb über verzahntes Federhaus.

Die vorliegende Nr. 1132 wurde am 10.10.1939 an das Nautisch-technische Büro in Emden zum Preis von 944,- RM geliefert. Das BC 300 ist somit kein Einheitschronometer mit Dreipfeilerwerk.

Ganz allgemein war das Ankerchronometer dem Chronometer mit Federhemmung etwas unterlegen: 35 statt 56 Stunden Laufzeit, das BC 300 benötigt an den Paletten Öl, das BC 300 muss häufiger zum Service und war deshalb nur für den küstennahen Einsatz oder für technische Zwecke an Land betriebssicher einzusetzen.

Otto Thielemann schreibt, dass in einem Großversuch mit getesteten Ankerchronometern diese sich an Bord nicht bewährt haben, weil der Sekundenzeiger durch die zweiseitig wirkende Ankerhemmung 4 Schritte/s macht und die Ablesung oder Interpolation von 1/10s nicht gegeben war. Diese Beurteilung schmälert jedoch in keiner Weise den Sammlerwert dieser Chronometer.

Aber nichts desto trotz gibt es auch von Lange ein Einheits-Anker-Chronometer mit Dreipfeilerwerk. Es trägt die Nr. 6016, wurde am 18.09.1946 nach Berlin-Friedenau geliefert und ist mit dem
Wempe Werk Nr. 3156 ausgestattet. Zu besichtigen war dieses Instrument in der Ausstellung „Zeit auf See“ im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven 2012. Es ist übrigens auch in Altmeppens
Buch über das „Deutsche Einheitschronometer“ auf Seite 199 aufgelistet.

Ein weiteres Ankerchronometer war als Rarität in Bremerhaven ausgestellt und zwar das von Alfred Helwig mit der Nr. 32. Helwig hat dieses Instrument 1942 in der Deutschen Uhrmacherschule als Sonderausführung für die deutsche Seewarte Hamburg gebaut. Das Gehäuse dieses Ankergang-Chronometers, das nur in zwei Exemplaren gefertigt wurde, ist mit Blick auf den Einsatz in U-Booten druckdicht und gegen hohe magnetische Feldstärken abgeschirmt. Auch dieses Ankerchronometer hat lediglich eine Laufzeit von 36 Stunden und ist mit Auf und Ab-Anzeige ausgestattet. Ein Foto des Werkes konnte ich leider nirgendwo finden.

Zwei ausführliche und informative Vorträge ließen die Mitglieder des KUK mit viel Beifall ausklingen. Das berühmte Kölner Uhrenöl wurde vom Vorsitzenden Helmut Rupsch überreicht.

Bericht des KUK: Rainer im Brahm

  • Hilger Bitter, Helmut Rupsch und Dr. Dietrich Oberschulte-Beckmann (vlnr)
Das Lange Ankerchronometer (BC100), Nr. 1132. Rechts das Werk.

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